In den letzten Monaten habe ich mich immer mehr mit der Politik beschäftig. Zuerst war ich sehr skeptisch gegenüber der verfilzten FDP. Später musste ich lernen und anerkennen, dass die SVP das Spiel der Manipulation der schweizerischen Bevölkerung am erfolgreichsten praktiziert. Dabei haben es die gemässigten Parteien in der Mitte wie die FDP und CVP schwierig ihre oftmals Konsens orientierte Positionen dem Wähler zu vermitteln. Zudem stehen sie in Konkurrenz mit den beiden anderen Mitteparteien Grünliberalen (GLP) und BDP. Für den Stimmbürger fällt die Unterscheidung zwischen der BDP, CVP, FDP, und GLP wahrscheinlich nicht leicht.

Politik ist „zu“ komplex geworden

Die Politik ist komplex was eine rationale Meinungsbildung nahezu verunmöglicht. Wahrscheinlich entscheiden die meisten Wahlberechtigte entlang dem Links-Rechts-Schema. Dabei orientieren sie sich an den Meinungsführer ihrer bevorzugten politischen Partei. Gerade bei den Teilnehmern von Stammtischdiskussionen ist das Links-Rechts-Schema oftmals sehr ausgeprägt erkennbar. Es stellt sich bei mir das Gefühl ein, man diskutiere mit einem Abkömmling eines bekannten Politiker aus der linken bzw. rechten Politecke.

FDP oftmals von der Realität überholt

Die Ideale der FDP sind nicht immer mehr erkennbar, ihre traditionellen Positionen werden in letzter Zeit ständig von der Realität überholt. War sie früher eine recht statische Partei, weiss der Wähler kaum mehr, für was die heutige FDP noch steht. Wahrscheinlich kann ein Teil des chaotischen Reagierens, einer Wirtschaftspartei, mit der sich rascher veränderten globalisierten Welt erklärt werden.

FDP ein Haufen von Interessenvertreter der Wirtschaft

Glücklicherweise lässt die FDP eine gewisse Meinungsvielfalt in ihrer Partei zu. Anderseits durchschaut man deutlich, dass die Meinung viele ihrer Parteiangehörigen vom persönlichen Einkommen getrieben ist. Die Interessenvertreter des abgehobenen schweizerischen Finanzplatzes und der Versicherungen stehen bei einigen Themen den Unternehmern der Industrie gegenüber. Dabei kommt es immer wieder zu Konflikten innerhalb der Partei.

Beispiele des reagieren statt agieren

Nachfolgend drei typische Beispiele, wie die FDP reagieren musste und der Entwicklung hinterher lief.

Weissgeldstrategie

Lange prallten alle Forderungen nach einer Aufweichung des Bankkundengeheimnisses an der FDP ab. Die Äusserungen des alt Bundesrat Hans-Rudolf Merz waren bezeichnend für die Fehleinschätzungen der FDP bezüglich der Aufrecherhaltung des Bankgeheimnis, siehe „Die Glaubwürdigkeit des Bundesrat Merz„.


Quelle: SF1, Tagesschau vom 24.04.2010 – FDP diskutiert Papier zur Weissgeldstrategie

In den Jahren 2008 bis 2009 stand durch den Steuerstreit der USA gegen die UBS und der Druck der OECD das schweizerische Bankgeheimnis unter Dauerbeschuss. Gegenüber den ausländischen Vermögen drohte damals die totale Aufhebung des Bankkundengeheimnisses. Die FDP kämpfte lange mit sich, bis sie einen Konsens unter ihren Parteimitgliedern fand. Es ging um den Kampf Werk- gegen Finanzplatz und dem Nachgeben gegenüber dem Ausland. Letztendlich mussten die bankfreundlichen Politiker gegenüber den freisinnigen Unternehmern nachgeben.

Härtere Gangart bei der Ausländerpolitik

Die Freisinnigen haben sich mit ihrem Positionspapier „Einwanderung gezielt steuern zum Nutzen der Schweiz“ deutlich der Ausländerpolitik der SVP angenähert. Dabei wird der Ausländer wie bei der SVP zu einem reinen Wirtschaftssubjekt degradiert.


Quelle: SF1, Tagesschau vom 12.02.2011 – FDP setzt auf Ausländerpolitik

Nun hat auch die FDP entdeckt, dass unser Bildungssystem teilweise neben den Arbeitsmarkt produziert, darüber habe ich auch schon einmal geschrieben, siehe „Schweizerisches Bildungssystem produziert neben dem Markt„.

Die Ausländerpolitik ist schon seit Jahren durch die SVP besetzt. Ich bezweifle, dass sich diese Annäherungspolitik der FDP an die SVP auch positiv an der Wahlurne niederschlagen wird.

Umdenken bei der Kernenergie

Der Neubau eines Kernkraftwerkes (KKW) ist erst seit 2005 wieder ein Thema. Zuvor war es bei der Bevölkerung auch auf Grund der Unfälle in den Atomkraftwerken (AKW) auf taube Ohren gestossen.

Mit der Google-Zeitleiste kann deutlich erkannt werden, wie ab den Jahren 2005 wieder deutlich mehr Artikel über Kernkraftwerk Schweiz erschienen. Ab dem 2006 bearbeitete die Atomlobby die wankelmütigen Politiker und Bevölkerung mit Studien einer drohenden Stromversorgungslücke.
Trend "Kernkraftwerk und Schweiz"

Die Zeitliste mit Stromversorgungslücke:
Stromversorgungslücke
Der Begriff „Stromversorgungslücke“ zeigte schon nach drei Jahren seine Wirkung und wurde kaum mehr eingesetzt.

Die AKW-Lobby, wahrscheinlich die mächtigste Lobby im Parlament, siehe „Die Atom-Lobby im Parlament“ rotiert schon längst für die Ersatz-Kernkraftwerke.

Ich habe schon früher eine kurze Textpassage über diese Problematik in „Alternative Energie statt fossile Brennstoffe und Kernkraftwerke“ geschrieben.


Quelle: SF1, 10vor10 vom 16.03.2011 – FDP denkt über einen Atomausstieg nach

Energieeffizienz und erneuerbare Energien wurden vernachlässigt

Dadurch das sich die FDP, BDP, CVP und SVP nur auf die Kernenergie setzten, habe wir mehr als ein halbes Jahrzehnt die alternativen Energien vernachlässigt. Meistens sind es auch diese Politiker, die sich gegen die Einführung von Anreizen für mehr Energieeffizienz wehren. Diese Politiker haben bisher die Kombination von mehr Energieeffizienz und erneuerbarer Energien sträflich vernachlässigt. Nach einer erneuten schweren Atomkraftwerk Katastrophe, wollen wenigstens die FDP Szenarien für die Versorgung der Schweiz ohne Kernenergie prüfen. Der Schweizer Stimmbürger kann dieser AKW-Interessengruppe bei der nächsten Parlamentswahlen 2011 eine Lektion erteilen. Jedenfalls werde keiner ich dieser Parlamentarier wählen, nicht weil sie für AKWs sind oder waren, sondern weil sie jahrelang die alternativen Energien nicht fördern wollten.

Die Wandlung von Christian Wasserfallen vom KKW zum Gaskraftwerk

Herr Christian Wasserfallen ist ein gutes Beispiel eines FDP-Aktionisten. Noch vor einigen Monaten gehörte er zu den aggressiven und arroganten Befürwortern der KKWs.


SF1 Arena vom 19.11.2010 – Neue AKW? Christian Wasserfallen
Die überhebliche Darstellung der schweizerischen Fähigkeiten im Zusammenhang mit KKW und deren Abfällen macht diesen Politiker nicht gerade glaubwürdig.


Quelle: 20 Minuten Online, 18.03.2010 – Kaum noch Mehrheiten für neue KKW

Noch während die AKW-Katastrophe in Fukushima/Japan ihre unvorhersehbaren Verlauf fortsetzt, propagiert Herr Wasserfallen in den Medien als Ersatz-Alternative zu AKWs ein Gaskraftwerk. Vielleicht wäre es angebracht, ein bisschen Demut zu zeigen und zuerst die Entwicklung dieser Katastrophe abzuwarten. Solche hyperaktive Politiker, die nur reagieren, wünsche ich mir nicht.

Fazit

Die FDP läuft seit Jahren den Ereignissen hinterher, eine Vision für eine zukünftige Schweiz können sie nicht vorzeigen. Diese Partei hat einige erfolgreiche Unternehmer in ihren Reihen, diese Firmenmanager verfügen sicherlich die Fähigkeit eine mehrjährige Strategie oder Vision zu entwickeln. Stattdessen hinterlässt diese Partei den Eindruck des verspäteten Reagierens.

Ausser bei ihren Kernthemas sind die SVP-Politiker oftmals weniger aggressiv bei ihren öffentlichen Auftritten als gewisse FDP-Politiker. Die SVP überlässt oftmals die rechte Führerschaft beim Abstimmungskampf besonders bei Sachvorlagen aus dem Bereich Wirtschaft und auch teilweise bei Sozialversicherung der FDP. Die SVP betreibt eine Rosinenpickerei bei ihren öffentlichen Engagement für Sachvorlagen. Dabei bevorzugt sie ihre emotionalen Kernthemen wie EU, Asyl- und Ausländerpolitik. Zudem hat die FDP einige sehr arrogante Politiker in ihren Reihen bzw. deren Auftritte wirken oftmals sehr überheblich. Währenddessen die SVP schon mit einer gewissen Bauernschläue agiert, gelingt es ihr doch ihre Kernthemen dauernd im Gespräch zu halten. Anderseits wissen wahrscheinlich viele SVP-Wähler kaum um die Mehrheitsverhältnisse ihrer gewählten Partei bei gewissen sekundären Sachthemen.

Natürlich werden auch gewisse negative Ereignisse wie der Niedergang der Swissair oder die Auflösungserscheinungen des schweizerischen Bankgeheimnisses teilweise zu Unrecht nur der FDP angelastet. Die CVP und SVP vertreten oftmals dieselben Positionen wie die FDP, nur sind die Politiker der CVP und insbesondere bei der SVP wesentlich geschickter in der Kommunikation als gewisse Selbstdarsteller der FDP. Die FDP-Politiker liefern den Medien zu oft zu viele unterschiedlichen Meinungen zu einem bestimmten Thema. Vielleicht sollten sie zuerst intern einen Konsens finden und danach diesen öffentlich kommunizieren, denn wie heisst so schön: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Solange die FDP den Eindruck eines chaotischen Haufen mit miserablen Kommunikationsfähigkeit hinterlässt, wird der Abstieg kaum gestoppt werden.

Die Wahrheit kann sehr schmerzhaft sein: Wer eine unnachgiebige Ausländerpolitik möchte, wird wahrscheinlich mit der SVP das Original der harten Ausländerpolitik wählen. Wer ein Gleichgewicht in Umweltaspekten, sozialen und wirtschaftlichen Interessen sucht, wird vermutlich die GLP bevorzugen.

Ein Gedanke zu „Schweizerische FDP betreibt viel Windfahnenpolitik ohne Visionen

  1. Pingback: Schweizer Politiker und der Atomausstieg » Wirtschafts- und Politfilz Schweiz

Kommentare sind geschlossen.