Seit circa Mitte Februar ist die Wortwahl eines starken CHF teilweise übertrieben. Ebenso könnte von einem schwachen EUR gesprochen werden:
Damit würde die mehrheitlich negative belegte Berichterstattung über den angeblichen „Frankenschock“ in den Medien ihre Berechtigung verlieren. Im Vordergrund steht die Angstmacherei um die Arbeitsplätze:
Quelle: SRF, Arna vom 20.03.2015 – Starker Franken: Jobkiller oder billige Ausrede?
In der Hoffnung auf mehr Aufmerksamkeit bewirtschaften die Medien gerne diese Ängste. Von Swissmem-Präsident Hans Hess gibt es zwei interessante Aussagen:
Quelle: Bilanz, Business-Talk vom 19.03.2015 – Werkplatz Schweiz: Die Zerreissprobe
Es ist nachvollziehbar das eine Firma mit einer EBIT-Marge von 4% bei einer Preisreduktion um 10% einen Verlust einfährt. Glücklicherweise spricht er nicht wie der Präsident desselben Wirtschaftsverbandes von den übertriebenen 15-20%. Dies lässt hoffen, auch bei Swissmem gibt es Verantwortliche, die des Rechnens mächtig sind. Die zweite Aussage ist ein Beispiel, wie unseriös gewisse Medien arbeiten. Was nicht gesagt wurde wird einfach erfunden, dieses Mal handelt es sich um die Anzahl der gefährdeten Arbeitsplätze. Die Medien wollen primär Prognosen über die betroffenen Arbeitsplätze, solche Schlagzeilen verkaufen sich besser.
Sicherlich nutzen zurzeit einige Unternehmen den erstarkten CHF als Hauptgrund für die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Man wünscht von denselben Anstalten dieselbe Geschwindigkeit bei der Wahrnehmung von technischen Innovationen.
Dominanz des kurzfristigen Denkens und der Aktienbörse
Vor etwas mehr als 2 Monaten wurde der Euro-Mindestkurs aufgegeben. Schon einige Tage danach verkündeten die ersten Unternehmen einen Stellenabbau in der Schweiz. Einige Firmen reagieren mit Arbeitszeitverlängerungen. Die grösstenteils auch bei den Arbeitgebern verpönte Lohnkürzung wurde den Arbeitnehmern nur in vereinzelten Betrieben aufgebürdet. Der Swatch-Chef Nicolas Hayek sorgt sich über die kurzfristige Optik einiger Unternehmen:
Quelle: Radio SRF, Trend vom 14.03.2015 – Swatch-Chef Hayek sieht gelassen in die Zukunft
Leider war es derselbe Herr, der schon am Tag des Mindestkurs-Aus die SNB massiv kritisierte:
Quelle: Blick vom 15.01.2015 – «Was Jordan veranstaltet, ist ein Tsunami!»
Im Zeitraum zwischen der Aufgabe der Kursuntergrenze und dem Tag des Hayek Interviews hatte der USD erheblich gegenüber dem CHF zugelegt. Die Swatch generiert 18% Umsatz im Euroraum demgegenüber ist das Währungspaar CHF/USD indirekt umso bedeutsamer. Somit relativiert sich Hayeks Kritik gegenüber der kurzfristigen Optik einiger Betriebe. Viele dieser Unternehmen sind stärker tangiert von der Euroschwäche.
Nachrichten aus den Unternehmen werden heute von den Medien oftmals mit dem Blick auf den Börsenticker kommentiert. Diese Vorgehensweise verstärkt die schleichende Umerziehung auf den kurzfristigen und monetären Blick. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurden durch Margaret Thatcher und Ronald Reagan die Deregulierung der Finanzmärkte eingeleitet. Dadurch entstand eine politische und ökonomische Transformation zugunsten des Kapitals. Die heutige Welt wird weitestgehend dominiert von den kurzfristigen Interessen der Gläubiger.
Arbeiten wir für den Konsum oder die Produktion?
Oft heisst es, wir konsumieren uns zu Tode, in Wirklichkeit produzieren wir uns zu Tode. Leider haben wir den Zweck unsers produzieren längst aus den Augen verloren. Offensichtlich ist die Bereitstellung von Dienstleistungen und Produkten dem höheren Ziel der Vollbeschäftigung untergeordnet. In einer Wirtschaftskrise wird nicht etwa die sinkende Gütermenge bedauert, vielmehr wird das Wegfallen von den Arbeitsplätzen beklagt. Das kollektive Ziel der Wirtschaftspolitik ist nicht die Befriedigung des Konsums, sondern die Vollbeschäftigung. So erstaunt es nicht, dass die meisten Wirtschaftssubjekte den Vorteil einer starken Währung nicht mehr erkennen.
Starker Franken macht Konsum günstiger
Es ist fraglich, ob das folgende vernünftige Statement von Reiner Eichenberger von der Allgemeinheit noch verstanden wird. Längstens dominiert die Angst um die Arbeitsplätze den eigentlichen Sinn des produzieren:
Quelle: SRF, Schawinski vom 23.02.2015 – Roger Schawinski mit Rudolf Strahm und Reiner Eichenberger
Der starke Franken bevorzugt das Konsumieren aber erschwert kurzfristig das günstige Produzieren.
Die teilweise subventionierten Exportwirtschaft
Die Schweiz ist sehr stark exportabhängig. Sie weist unter den Industrieländern einen der höchsten Leistungsbilanzüberschüsse aus. Im folgenden Diagramm sind bewusst mehrheitlich Länder mit Handelsbilanzüberschuss aufgeführt, dies dient dem Vergleich mit anderen auf Export ausgerichteten Nationen. Auf der anderen Seite stehen natürlich die Nationen mit Leistungsbilanzdefiziten.
Quelle: International Monetary Fund – Current account balance (percent of GDP)
Mit diesen Leistungsbilanzüberschüssen entstehen Forderungen gegenüber dem Ausland. Das heisst solche Nationen exportieren Kapital ins Ausland in der Hoffnung diese Ersparnisse in der Zukunft einfordern zu können. Sicherlich ist dies aufgrund der demografischen Perspektive als wichtige Zukunftsvorsorge anzusehen. Dieser Mechanismus funktionierte mit den Schweizern seit der Finanzkrise nur eingeschränkt. Die schweizerischen Unternehmen hielten ihre Direktinvestitionen im Ausland zurück. Zudem vermieden Private, ihr Portfolio mit ausländischen Werten zu diversifizieren. Mit der Zurückhaltung bei den ausländischen Investments und dem Überschuss in der Leistungsbilanz geht ein Aufwertungsdruck auf CHF einher. Die Schweiz bzw. SNB sollte daher zugunsten von mehr Konsum die Exportabhängigkeit nicht noch durch die Geldpolitik subventionieren. Bei der exportierenden Industrie stossen solche Ideen verständlicherweise auf wenig Gegenliebe.
Quelle: SRF, Schawinski vom 23.02.2015 – Roger Schawinski mit Rudolf Strahm und Reiner Eichenberger
Übrigens wird in diesem Video die von Hans Hess nie gemachte die Schätzung der 20‘000 gefährdeten Arbeitsplätze durch Schawinski zitiert. Leider funktionieren unsere Medien nach diesem Muster.
Fallen die Subventionen für die Exportindustrie weg, so kann diese zu rückläufigen Exporten führen. Diese wiederum erhöht die Arbeitslosigkeit, falls der Konsum nicht dementsprechend gesteigert würde.
Fazit
Korrekterweise kann heute nicht von einer Frankenstärke gesprochen werden, wenn dabei die Euroschwäche unerwähnt bleibt. Kurzfristiges Denken dominiert die Wirtschaft wie auch die Politik dabei sind die Medien unersättlich bei der Jagd nach emotionalen Schlagzeilen.
Schon nur einige Tage nach der Aufgabe der Euro-Mindestkurs wurden durch einige Unternehmen Massnahmen angekündigt. Die benötigte Zeit für die Stabilisierung der Währungspaare wurde nicht abgewartet. Möglicherweise haben einige Firmen bewusst die Gunst der Stunde genutzt, um unpopuläre Entscheidungen umzusetzen.
Der Vorteil einer starken Währung bleibt in den Medien fast unerwähnt. Wahrscheinlich würden uns die Russen oder Venezolaner für unser Beklagen einer starken Währung als verrückt halten. Den diese Bürger wissen, dass eine schwache Währung der Weg in die Armut ist. Wir hingegen wollen eine schwache Währung damit alle arbeiten können, dabei wird die Befriedigung des Konsums zweitrangig. Die Arbeitgeber propagieren tiefe Löhne, um im globalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein. Kurzfristig mag das zutreffen, längerfristig ist dies ein Irrtum. Bei teuren Arbeitskräften lohnt sich die technische Innovation viel eher für die Steigerung der Produktivität.