In Europa wird derzeit von den Medien und den Regierenden viel Angst vor Russland geschürt. Angst war schon immer ein Herrschaftsmittel, um Menschen in Schach zu halten. Auch in der Schweiz haben die politischen Eliten beschlossen, die Rüstungsausgaben zu erhöhen. Die Mehrausgaben müssen von der steuerzahlenden Bevölkerung getragen werden. Da trifft es sich gut, dass sich eine Wirtschaftszeitung in mehreren Artikeln mit dem Thema Wachstum durch Rüstung auseinandersetzt. Im Handelsblatt vom 21./22./23. Februar 2025 werden Studien zitiert, nach denen das Bruttoinlandsprodukt durch Rüstungsinvestitionen gesteigert werden kann. Fragt sich nur, ob in dieser Welt nicht andere Investitionen viel wichtiger wären.

Die Aussagen dieser Handelsblatt-Artikel

Die Beiträge im Handelsblatt zeigen, dass höhere Verteidigungsausgaben nicht nur sicherheitspolitisch sinnvoll, sondern auch volkswirtschaftlich vorteilhaft sein können. Studien wie die von EY im Auftrag der Dekabank zeigen, dass eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben das BIP-Wachstum um rund 0,66 Prozentpunkte steigern könnte. Gleichzeitig wird prognostiziert, dass durch entsprechende Investitionen hunderttausende neue Arbeitsplätze entstehen könnten, die kurzfristig positive wirtschaftliche Impulse setzen. Der Ökonom Ethan Ilzetzki geht sogar so weit zu behaupten, dass das BIP der EU um bis zu 1,5 Prozentpunkte steigen könnte, wenn die Militärausgaben deutlich erhöht würden. Darüber hinaus wird betont, dass militärische Investitionen als strategischer industrieller Hebel wirken können, indem sie die heimische Wertschöpfung stärken. Gleichzeitig wird aber auch auf Kapazitätsengpässe in der europäischen Rüstungsindustrie hingewiesen, die eine kurzfristige Deckung der steigenden Nachfrage erschweren. Darüber hinaus werden verschiedene Finanzierungsmodelle – wie Sonderfonds oder kreditfinanzierte Massnahmen – diskutiert, um zusätzliche Verteidigungsausgaben zu ermöglichen. Ein weiterer Aspekt ist die Möglichkeit, durch gezielte Rüstungsinvestitionen Kapazitäten aus schrumpfenden Branchen wie der Automobilindustrie sinnvoll umzuverteilen.

Auch eine Sturmflut kann das BIP wachsen lassen

Staatsausgaben können das BIP erhöhen, aber das Beispiel einer Umweltkatastrophe zeigt, wie trügerisch dieser Effekt sein kann. Angenommen, eine Sturmflut verwüstet Küstenregionen in Europa, und der Klimawandel könnte die Situation noch verschlimmern, da der Anstieg des Meeresspiegels und extremere Wetterbedingungen die Zerstörung verstärken. Die Regierung investiert Milliarden in den Wiederaufbau, die Verstärkung von Deichen und Entschädigungen – das BIP steigt, weil Bauunternehmen boomen, Arbeitsplätze entstehen und die Materialproduktion angekurbelt wird. Ähnlich wie bei den Verteidigungsausgaben, die laut Studien das BIP um bis zu 1,5 Prozentpunkte steigern können, fliesst das Geld in die Wirtschaft und gibt kurzfristige Impulse. Diese „dummen“ Ausgaben beheben aber nicht die Ursache – im Falle der Katastrophe den Klimawandel, der solche Ereignisse verschärft – und binden Ressourcen, die präventiv in nachhaltige Lösungen wie erneuerbare Energien hätten investiert werden können. Ebenso fragwürdig ist es, wenn Rüstungsinvestitionen als Wirtschaftsmotor gefeiert werden: Sie schaffen zwar Arbeitsplätze und stützen die heimische Industrie, tragen aber langfristig wenig zur Lebensqualität oder globalen Stabilität bei. BIP-Wachstum wird so zum Selbstzweck, während die eigentlichen Herausforderungen ungelöst bleiben. Dies legt nahe, dass nicht jede Ausgabe, die das BIP in die Höhe treibt, auch sinnvoll ist – weder militärische Aufrüstung noch die Reparatur von Klimaschäden, die durch mangelnden Klimaschutz noch verschärft werden.

Wie der Klimaschutz in den Hintergrund gedrängt wurde

Vor 2020 war Klimaschutz ein zentrales Thema der globalen und nationalen Politik, mit Bewegungen wie Fridays for Future und internationalen Abkommen wie dem Pariser Klimaabkommen. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020 und dem Beginn des Krieges in der Ukraine im Jahr 2022 haben sich die politischen Prioritäten in vielen Ländern jedoch deutlich verschoben. Die Pandemie lenkte den Fokus auf Gesundheitskrisen und wirtschaftliche Erholung, während der Krieg in der Ukraine Energieversorgung, Sicherheit und geopolitische Stabilität in den Vordergrund rückte – insbesondere in Europa, wo die Abhängigkeit von russischem Gas die Energiedebatte dominierte.

Das bedeutet nicht, dass der Klimaschutz völlig von der Agenda verschwunden ist, aber er konkurriert nun stärker mit diesen akuten Krisen um Aufmerksamkeit und Ressourcen. In vielen Ländern wurden Klimamassnahmen verzögert oder abgeschwächt, weil kurzfristige Lösungen für Energiepreise oder wirtschaftliche Stabilität dringlicher erschienen. Gleichzeitig gibt es aber auch Stimmen, die sagen, dass gerade diese Krisen – wie die Energiekrise – den Übergang zu erneuerbaren Energien beschleunigen könnten, wenn die Politik es richtig anstellt.

Deutsche Grüne Partei von Pazifismus zur Kriegstreiberin

Als Schweizer habe ich früher oft die Grüne Partei bzw. deren Anliegen gewählt bzw. gestimmt. Als die deutsche Schwesterpartei Teil der deutschen Ampelregierung 2021-2025 wurde, stellte sich bei mir eine gewisse Ernüchterung bezüglich der grünen Ideale ein.

Von Pazifismus zur Kriegstreiberin

Die Grünen in Deutschland haben ihre Wurzeln im Pazifismus – eine Haltung, die in den 1980er Jahren durch die Friedensbewegung und den Widerstand gegen die atomare Aufrüstung stark geprägt wurde. Der Krieg in der Ukraine hat jedoch einen deutlichen Wandel eingeleitet. Seit der russischen Aggression 2022 gehören die Grünen zu den lautesten Befürwortern von Waffenlieferungen an die Ukraine, darunter auch schwere Waffensysteme wie Leopard-Panzer. Dies markiert eine Abkehr vom traditionellen, bedingungslosen Pazifismus hin zu einer Position, die militärische Unterstützung als notwendig erachtet, um Freiheit und Menschenrechte zu verteidigen. Prominente wie Annalena Baerbock und Robert Habeck argumentieren, dies sei kein Widerspruch zu grünen Werten, sondern eine pragmatische Antwort auf eine existenzielle Bedrohung. Kritiker innerhalb und ausserhalb der Partei sehen darin jedoch einen Verrat an den ursprünglichen Idealen.

Widersprüchliche Klimapolitik der Grünen

In der öffentlichen Wahrnehmung und in der politischen Praxis hat die Bedeutung der Klimapolitik seit der Regierungsbeteiligung der Grünen in der Ampelregierung 2021-2025 zwar abgenommen. Der Krieg in der Ukraine hat die Energiepolitik auf den Kopf gestellt und die Abhängigkeit von russischem Pipelinegas musste schnell reduziert werden. Die Grünen unterstützten daher den Import von LNG (Flüssiggas) aus Ländern wie den USA oder Katar, zum Beispiel durch den Bau von LNG-Terminals. Dies ist ein heikler Punkt, denn LNG hat eine schlechtere Klimabilanz als Pipelinegas: Die Förderung (oft durch Fracking), die energieintensive Verflüssigung und der Transport über weite Strecken treiben die CO2-Emissionen in die Höhe. Studien zeigen, dass LNG je nach Herkunft und Verfahren bis zu 50 Prozent mehr Treibhausgase verursacht als konventionelles Erdgas. Für die Grünen war die Umstellung zugleich eine Notlösung, um Energieengpässe zu vermeiden und die Abhängigkeit von Russland zu beenden – ein Ziel, das sie auch als Beitrag zur europäischen Sicherheit und damit indirekt zum Klimaschutz begründeten.

Die europäische Hysterie gegenüber Russland

Der Krieg in der Ukraine hat in Europa eine Welle der Angst und der militärischen Aufrüstung ausgelöst, aber diese Hysterie gegenüber Russland muss kritisch hinterfragt werden. Früher oder später wird dieser Konflikt beendet werden, sei es durch Verhandlungen oder weil die USA als Hauptakteur der Ukraine bzw. Europa und Russland den Frieden aufzwingen können. Danach wird sich das Verhältnis zwischen Russland und Europa zwangsläufig normalisieren müssen, da die wirtschaftlichen und geopolitischen Realitäten eine dauerhafte Feindschaft unwahrscheinlich machen. Eine massive Aufrüstung erscheint daher überzogen, zumal die europäischen NATO-Staaten bereits heute etwa dreimal so viel in Rüstung investieren wie Russland – eine Diskrepanz, die Fragen nach der Verhältnismässigkeit aufwirft. Statt Unsummen in Waffen zu stecken, die nach einem Krieg an Relevanz verlieren könnten, sollte Europa seine Ressourcen in den Klimaschutz lenken.

Die Wahrscheinlichkeit eines russischen Eroberungszuges

Einige Politiker und Mainstream-Medien einiger NATO- und EU-Staaten rechtfertigen ihre überzogenen Rüstungspläne mit den Ambitionen Putins, der angeblich das russische Imperium wiederherstellen wolle. Diese absurden Behauptungen lassen sich leicht widerlegen. Eine militärische Eroberung von NATO-Staaten wie Polen oder den baltischen Staaten würde enorme Kosten verursachen und auf massiven Widerstand in der Bevölkerung stossen. Selbst in der Ukraine zeigt sich, dass eine langfristige Kontrolle ohne die Zustimmung der Bevölkerung kaum möglich ist. Zudem würde ein Angriff auf ein NATO-Land den Bündnisfall auslösen und Russland in einen aussichtslosen Konflikt mit dem Westen stürzen. Auffällig ist, dass die Debatte oft emotional geführt wird und selten die langfristigen Folgen oder die Rationalität der russischen Strategie beleuchtet.

Ineffizient und Angst vor seien Nachbarn

Die Militärausgaben Russlands betrugen rund 110 Milliarden US-Dollar, die der europäischen NATO-Mitglieder zusammen rund 380 Milliarden. Trotzdem wird in Europa weiter aufgerüstet, wofür es mehrere Gründe gibt. Erstens hat der Ukraine-Krieg die Bedrohung durch Russland greifbar gemacht, auch wenn die russische Militärmacht durch Verluste und Sanktionen geschwächt ist. Viele Staaten, vor allem in Osteuropa wie Polen oder die baltischen Staaten, sehen in Russland eine existenzielle Bedrohung und wollen abschreckungsfähig bleiben – unabhängig von der zahlenmässigen Stärke. Zweitens drängen die USA ihre NATO-Partner seit Jahren, das Ziel von 2 Prozent des BIP für Verteidigung zu erreichen, was den Druck erhöht, auch wenn die Gesamtausgaben bereits höher sind. Drittens besteht die Sorge, dass die militärischen Fähigkeiten Europas trotz hoher Ausgaben nicht optimal genutzt werden, weil sie fragmentiert sind.

Angst vor seien Nachbarn

Warum arbeiten die ängstlichen europäischen Staaten nicht besser zusammen? Das ist der Knackpunkt, und hier spielt die Geschichte eine riesige Rolle. Europa ist ein Flickenteppich aus Nationen mit tief verwurzelten Konflikten – zwei Weltkriege, der Kalte Krieg und regionale Rivalitäten haben Misstrauen hinterlassen. Länder wie Frankreich und Deutschland mögen heute eng kooperieren, aber andere, wie Ungarn oder Polen, verfolgen oft eigene Interessen oder trauen supranationalen Strukturen nicht vollends. Die NATO ist zwar ein starkes Bündnis, aber innerhalb Europas gibt es keine einheitliche Armee oder Rüstungspolitik – jeder Staat will Souveränität wahren, auch aus Angst, wieder von einem Nachbarn überrannt zu werden.

Fazit

Was ich hier schreibe, ist keine Meinungsmache, sondern die logische Konsequenz rationalen Denkens. Die meisten westlichen Politiker glauben an den menschengemachten Klimawandel. Die Wissenschaft liefert entsprechende Prognosen. Um die schlimmsten Szenarien zu vermeiden, sind Massnahmen erforderlich, die nicht weiter in die Zukunft verschoben werden können. Leider ist die Politik von Kurzfristigkeit getrieben, was sich in der Klimapolitik am deutlichsten zeigt. Sobald das Wirtschaftswachstum ausbleibt, werden die klimapolitischen Ziele plötzlich aufgeweicht. Betrachtet man den klimapolitischen Ehrgeiz der Politiker, könnte man fast meinen, die meisten Politiker hätten sich auf die Seite der Klimaskeptiker geschlagen. Die Herstellung und der Einsatz von Waffen sind sehr klimaschädlich. Auch ohne Kriege sind die Armeen dieser Welt umweltschädlich. Sie verbrauchen grosse Mengen fossiler Brennstoffe und schädigen das Ökosystem, indem sie Böden und Gewässer verseuchen. Die Auswirkungen militärischer Aktivitäten auf die Umwelt werden unterschätzt und von der Politik ignoriert. Einige grüne Politiker sind zu wahren Kriegstreibern geworden und haben die Klimapolitik verraten. Statt Unsummen in Waffen zu investieren, sollte Europa die dringende Chance nutzen, den Klimaschutz voranzutreiben und damit langfristig Stabilität und Wohlstand zu sichern. Die Klimakrise wartet nicht auf geopolitische Entspannung und ihre Bewältigung wäre ein nachhaltiger Beitrag zu Stabilität und Wohlstand – weit über den Horizont des Ukraine-Krieges hinaus. Die Fixierung auf Russland als permanente Bedrohung verstellt den Blick auf die eigentliche Herausforderung unserer Zeit.

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