Es ist wieder einmal ein typisches Beispiel wie sich die SVP einen Gegner künstlich konstruiert. Dazu genügen einige oberflächliche Argumentation erschaffen durch SVP Protagonisten wie Christoph Blocher und der SVP-Nationalrätin Natalie Rickli.
Quelle: Albisgüetli in Zürich vom 21.01.2011
Diese Befürchtungen von Herrn Blocher gegenüber der Arena werden kaum eintreffen. Andernfalls wäre dies das Ende dieser Sendung. Wahrscheinlich überschätzt Herr Blocher den Einfluss dieses Format auf die politische Meinungsbildung in der Bevölkerung.
Meine Einschätzung zur Sendung Arena
Aus meiner Sicht ist die Arena eine oberflächliche Politschau und dient mehrheitlich der Selbstdarstellung der Kontrahenten oder deren Partei. Dieses Format ist eher geschaffen für radikalere Positionen einer SVP und SP, während die lösungsorientierte Position der Mitteparteien oft im Lärm dieser beiden Parteien untergeht. Der Inhalt der meisten Ausstrahlungen liesse sich auf eine 8-Minuten-Zusammenfassung komprimieren. Dieses Format enthält oftmals wenig Information umsomehr leidet sie an viel Redundanz.
Service Public
Gemäss dem SVP-Politiker Claudio Zanetti gibt es nur eine schwammige Definition des Service Public:
Quelle: Start TV, 20.01.2011 CC-Talk SRG – Service public – Service totalitaire?
Das erwähnte Dokument „Service Public – Für Sie erbracht. Für Sie erklärt“ der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) ist eine verständliche Beschreibung was sie unter Service Public versteht und wie sie dies umsetzt. Anfangs Jahr publizierte die NZZ die 7 Leitlinien für die SRG. In diesen zwei Seiten bringt der neuen SRG-Generaldirektor Roger de Weck sein Verständnis des Service Public zum Ausdruck.
Wahrscheinlich gefällt folgende Aussage von de Weck der SVP nicht:
Demokratie und Medien sind Kinder der Aufklärung. Doch ein Teil der Medien entfernt sich vom aufklärerischen Gedanken: Das Bewirtschaften von Emotionen verspricht mehr Erfolg als das Bemühen, differenziert zu berichten, argumentativ zu debattieren. Umso wichtiger der Verfassungsauftrag an die SRG, sachgerecht zu informieren und so die Debatte zu versachlichen. Sie muss mit stetem Willen zur «qualité populaire» dem breiten Publikum Zugang zu komplexen Zusammenhängen verschaffen. So bleibt die SRG der Aufklärung treu, die auf Französisch sehr fernsehgerecht les lumières heisst.
Die Bewirtschaftung der Emotionen und das vereinfachen von Zusammenhängen beherrscht die SVP hervorragend. Der SVP-Angriff auf die SRG ist ein typisches Beispiel dieser SVP-Strategie, gewichtige Fakten der objektiven Beurteilung der Realität werden ausgeblendet.
Subjektiv hohen Gebühren
Folgende Aussagen von Frau Rickli sind interessant:
Quelle: Start TV, 20.01.2011 CC-Talk SRG – Service public – Service totalitaire?
Wie schon des Öfteren im diesem Blog geschrieben, haben gewisse SVP-Politiker Mühe mit Statistiken und Zahlenverhältnissen, leider ist Frau Rickli keine positive Ausnahme. Analysieren wir einige ihrer Aussagen:
Frau Rickli: „200 Franken müssen genügen“
Frau Rickli hat scheinbar keine Vorstellung, wie sie auf ihren Gebührenbetrag von 200 Franken kommt. Dies erstaunt nicht, da sie auch nicht im Ansatz versucht, die aktuellen „hohen“ Gebühren von 462 Franken zu ergründen. Mit ihrer Aussage, der europaweit höchsten Gebühren, folgt sie dem typischen Muster einer SVP-Politikerinnen oder auch anderen Politikern, indem sie folgende gewichtige Informationen unterschlägt. Die Versorgung der vier Landessprachen mit einem qualitativ gleichwertigen Programm in einem relativ kleinen Land treibt die Kosten in die Höhe. Im Kapitel Wirtschaftlichkeit des oben genannten Dokumentes „Service Public“ werden einige plausible Gründe für die im internationalen Vergleich hohen Gebühren angeführt:
Quelle: Service Public für Sie erbracht. Für Sie erklärt.
Dänemark hat ähnlich hohe Empfangsgebühren wie die Schweiz. Bei Wikipedia-Rundfunkgebühren gibt es alternativen Ländervergleich ihrer Rundfunkgebühren. Im Verhältnis Empfangsgebühren zum BIP ist die Schweiz bzw. SRG nicht am teuersten.
Die SRG muss sich finanziell weitaus mehr einschränken als beispielsweise die öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme in Deutschland.
Quelle: Service Public für Sie erbracht. Für Sie erklärt.
Übrigens auch das Jahresabo einer hochwertigen Tageszeitung kostet 400 Franken und mehr. Gut recherchierte Informationen haben eben ihren Preis.
Wahrscheinlich gibt es auch überflüssige Sendungen
Infrage kann das breite Angebot an Sendungen der SRG gestellt werden. Dies kann ich aber als aussenstehender nicht beurteilen. Einer Sendung wie glanz & gloria kann ich persönlich nicht viel abgewinnen. Anderseits will und muss sich die SRG an den Bedürfnissen von Mehr- und Minderheiten orientieren.
Gemäss Frau Rickli bieten Private alles
Gerade diese Sendung „Start TV, 20.01.2011 CC-Talk SRG – Service public – Service totalitaire?“ ist der beste Beweis, dass die Kommerziellen es nicht unbedingt können. Kann eine Diskussion mit nur SVP-Politikern und einem Redaktor der SVP freundlich gesinnten Weltwoche ausgewogen sein?
Es gibt genügend ausländische Beispiele wie die Mächtigen und Reichen mit ihren privaten Sendern eine ausgewogene Meinungsvielfalt unterbinden wollen. Die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit solcher Programme ist nur noch zweitrangig.
SRG, die Privaten und das Internet
Obwohl das Kerngeschäft der SRG beim Radio und Fernsehen liegt, muss die SRG auch im Internet ihr Angebot anbieten und ergänzen. Dies sieht Frau Rickli anders:
Quelle: Start TV, 20.01.2011 CC-Talk SRG – Service public – Service totalitaire?
Frau Rickli hat scheinbar wenig Ahnung von Internetrecherche, andernfalls würde sie nicht von einem genügenden Internetangebot der Privaten sprechen. Eine SRG verfügt über viel Audio- und Filmmaterial, es wäre eine Vergeudung von Ressourcen, wenn dieses Material nicht im Internet zugänglich wäre. Dazu gehört auch, dass diese Informationen mit Texten und zusätzlichen Links verknüpft werden.
Kürzlich suchte ich beispielsweise Informationen über das Réduit, dabei bin ich unter anderem bei SF-Wissen auf das Dossier „Das Réduit“ gestossen. Bei den privaten fand ich kaum hilfreiche Informationen oder es waren Kritiken an SF-Sendung zu diesem Thema. Viele schweizerischen privaten Medien bieten kaum nützliche Informationen zum „gratis Tarifen“ an. Auch wenn die Zwangsgebühren nur 200 Franken betrügen, möchte ich unbedingt ein breites Internetangebot der SRG. Ich zahle dafür!
Fazit
Im Oktober 2011 wird das Parlament neu gewählt. Dies scheint die Agenda gewisser Parteien und deren Politikern schon anfangs 2011 zu dominieren. Die SVP hat sich künstlich mit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und der SRG nebst der EU / EURO zwei neue feindliche Institutionen erschaffen.
Die Billag, die Eintreiberin der Zwangsgebühren stellt im Jahr 2011 von der Dreimonatsrechnung auf eine Jahresrechnung um. Dadurch wird die Höhe der jährlichen Rundfunkgebühren von 462 Franken einigen Konsumenten erst richtig bewusst. Da erstaunt es nicht, dass nebst Frau Rickli auch andere Politiker mit der Kritik an der SRG sich einige zusätzliche Wahlstimmen für die kommenden Nationalratswahlen erhoffen. Die Petitition „Radio- und Fernsehgebühren: 200 Franken sind genug“ wäre wohl kaum so erfolgreich, wenn die Konsumenten noch immer mit einer Dreimonatsrechnung bezahlen würden.
Frau Rickli inszeniert sich national in einem Scheinkampf gegen die SRG, dabei wird sie von ihrer Partei unterstützt; fehlt dieser Partei doch eine etwas jüngere Vorzeigefrau.
Mit Herrn Blocher kritisiert ein digitaler Analphabet die SRG, obwohl dieser bisher noch nie die SRG und auch nicht die kommerziellen Sender schaute. Es ist einfach, die „politisch neutrale“ SRG zu attackieren. Wehrt sie sich gegen diese SVP-Angriffe, würde der Vorwurf einer angeglich politisch linken SRG durch die SVP noch mehr stigmatisiert.
Update vom 21.02.2011:
Ein professioneller und lesenswerter Blogeintrag zu diesem Thema wurde von Robert Ruoff im Journal 21 verfasst: Auf dem Weg zum SVP-Fernsehen
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